27 Nov Meterphysik
Ich schreibe diesen Beitrag tatsächlich unterwegs. Auf einer Bank. Im Regen.
Was jetzt erstmal trauriger klingt, als es tatsächlich ist. Eigentlich ist es nämlich so überhaupt nicht traurig.
In professioneller Regenjacke im Park rumsitzen
Klingt ein bisschen sparsam, so als Tagesgestaltung. Aber ich könnte mir gerade nichts besseres vorstellen. Denn ich bin stolz, es hierher geschafft zu haben. Nicht unbedingt nur physisch. Aber auch psychisch. Im Regen. Rausgehen. Eigentlich undenkbar für mich. Wie so vieles eigentlich undenkbar war für mich, lange Zeit.
Undenkbar. Wirklich: nicht zu denken
Man sagt das ja gerne für „unvorstellbar“. Aber es war wirklich lange Zeit undenkbar für mich. Kein: ich müsste aber mag nicht.
Stattdessen nur die Unfähigkeit, überhaupt daran zu denken, einen Spaziergang zu unternehmen. Als käme das Wort nicht in meinem Vokabular vor. Mein Kopf weigerte sich, Bewegung als etwas anderes als Mittel zum Zweck zu begreifen. Transport. Und nicht als Teil eines Erlebnisses, sozusagen.
Ein neuer Körper
Ich baue mich gerade um. Entdecke Fähigkeiten und Aspekte an und in mir, die irgendwann verschütt gegangen sind. Keine Ahnung, wann das passiert ist. Und letztlich ist es nicht wichtig. Wichtig is auf’m Platz, sozusagen. Veränderung kommt von Veränderungen, hat mir mal jemand gesagt. Ist also immer schwierig anzustoßen, da es immer erst einen Impuls aus dem Nichts braucht. Ein Erschaffen von etwas Neuem. Geht ja völlig gegen den Energieerhaltungssatz, diese Psyche. Aber so ist das nunmal.
Gegen Physik hilft nur Phantasie.
Wieder träumen. Wieder trauen. Trauern auch, um so viel Zeit.
Klingt jetzt alles kryptisch. Ich verstehe selbst nicht so ganz. Aber ich bin unterwegs zurück zu mir. Wieder das tun, was jemand tut, der so ist, wie ich sein will. Und nicht beklagen, dass ich nicht bin, wie ich will. Man wird. Aber eben erst, wenn man so handelt.
Ich glaube, das ist der Grund für diesen Post. Der simple Umstand, dass ich eines meiner größten Missverständnisse in mir selbst aufgelöst habe:
Man handelt nicht wie ein (zb) Schriftsteller/guter Mensch/ gesunder Mensch, wenn man ein Schriftsteller/guter Mensch/ gesunder Mensch ist.
Man WIRD ein Schriftsteller/guter Mensch/ gesunder Mensch – wenn man HANDELT wie einer.
Ist jetzt keine bahnbrechende Erkenntnis, und ich danke an dieser Stelle Jay Nightwind dafür, dass er es so schön runtergebrochen und für mich lesbar gemacht hat. Manchmal muss eine Wahrheit eben richtig formuliert sein, um auf fruchtbaren Boden zu fallen.
Deshalb dieser Beitrag. Vielleicht kann sie das bei euch auch. Wenn ihr gerade strauchelt.
Habt euch lieb. Und wenn ihr könnt – handelt. Aus dem Nichts. Scheiß auf Physik.
Mella Steckelberg
Posted at 21:49h, 27 NovemberHey Tobi, ohne Jays Blog wäre ich wohl auf deiner Seite wohl nicht gelandet. Sein „Machen“-Beitrag hat mich auch zur richtigen Zeit erreicht und deinen Artikel fühl ich ziemlich doll.
Bewegung wieder als etwas Freischalten, was gut tut und überhaupt eine Option ist, hat mich auch einige Jahre gekostet. Ich erinnere mich, was es für ein Kraftakt war, überhaupt eine Runde um den Block zu laufen und heute sind ganz andere Distanzen „in Laufweite“. Gerade kann ich es mir nicht mehr ohne vorstellen, aber ich muss es auch immer mal wieder gegen mich selbst verteidigen, um es zu behalten.
Nach Bewegung kamen ein paar andere Reisen durch meine Birne und auch da war viel verschüttet, was jetzt freigeschaufelt ist. Vieles davon durch unscheinbar wirkende Impulse, mal eben so daher gesagt und nicht unbedingt „bahnbrechende Erkenntnisse“. Aber selbst die kleinste Wahrheit braucht manchmal das richtige Timing und den richtigen Kontext, um wirklich hängenzubleiben. Und dann kann daraus ein ganz neues Universum werden. Das ist gleichzeitig unfassbar spannend und auch erschreckend. Aber ich freu mich immer sehr, zu lesen, dass ich mit der Abenteuerreise zu mir selbst nicht alleine bin. Komm gut an. 🙂