Wird es Pferde geben?

Eigentlich immer eine der wichtigsten Fragen, sobald man anfängt, eine Geschichte zu schreiben.
Wird es fucking Pferde geben?
Zugegeben, oft lässt sich diese Frage nur in phantastischen Settings stellen, wenn man nicht wie ein obsessiver Weirdo mit unangenehmem Pferdefaible wirken will (wobei – wir sind SchriftstellerInnen, wir sind erschreckend oft ‚obsessive Weirdos‘ – das ist so´n bisschen unser ‚Ding‘, glaube ich).
Nach dieser etwas unhandlichen Einleitung fragt sich ein unerschrockenes Lesefüchs aber nun wahrscheinlich doch so langsam mal, was es nun mit diesen Pferden auf sich hat.

Also:

Derzeit schreibe ich an einer kurzen Erzählung, die im Weltall – und in einer recht fernen Zukunft spielt. Der Weltraum ist, nun, nicht unbedingt ‚domestiziert‘, aber es gibt zumindest den Beruf des Interstellaren Lastwagenfahrers. In meinem Fall ‚Lastwagenfahrerin‘, nur, falls ihnen ´ne Hirnvene platzt, wenn mal wieder einer gendert – gern geschehen. Fallen sie bitte leise um.
Jedenfalls: Gestern ereilte meine Protagonistin ein kleines Missgeschick, und sie kassierte einen harten Schlag gegen den Oberkörper, der ihr die Luft aus den Lungen trieb. Einer jener Natur, der sich auch mit der Floskel „vom Pferd getreten werden“ durchaus akkurat abbilden ließe. So auch meine Versuchung. Fühlte sich aber natürlich falsch an (weil, obsessiver Weirdo, siehe oben).

Und ich stellte mir die Frage: Gibt es überhaupt noch Pferde?

Kennt man die noch? Die Menschen leben seit Jahrhunderten auf gigantischen Metall- und Glasklumpen, die um irgendwelche Sonnen rotieren, die nicht ‚unsere‘ ist – hat da gottverdammtnochmal irgendwer jemals ein Pferd gesehen? Wahrscheinlich: nicht.
Und so (und jetzt komme ich so langsam zum Punkt) würde doch auch wahrscheinlich diese Redewendung verschwinden. ‚Ich glaub mich tritt ein Pferd‘. Irgendwann würde das doch wahrscheinlich von neuen alltäglichen Unfällen ersetzt werden, die viel mehr die Lebensrealität der Leute widerspiegeln, die ich da beschreiben möchte.

Also habe ich gestern ´ne gute Stunde damit zugebracht, darüber nachzudenken, was den Menschen in der Zukunft denn in ihrem Alltag wohl alles schlimmes zustoßen könnte. Was häufig genug wäre, um sich als Synonym für Schmerzen durch Unachtsamkeit, für Verwunderung, Überraschung und einen festen Tritt ins Gesicht zu etablieren.

SchriftstellerInnen. Kannste dir nicht ausdenken.

Obwohl, kann man natürlich doch. Bei mir, und die konkrete Lösung ist jetzt völlig unerheblich, wurde es letztendlich „…als hätte mich die Rückhand von ´nem Servo-Lader erwischt“.
In meinem Kopf sind diese großen, hydraulischen Roboterarme in dieser Welt sehr präsent. Man kennt das, Autofabriken und so. Und wenn man unachtsam durch die Gegend schlendert und die Gefahrenmarkierungen auf dem Boden übersieht – kann es schonmal passieren, dass einen die Sensorik von so einem Ladearm beim zurückschwingen zu spät registriert – und dann…ja.
War jetzt vielleicht ein bisschen viel erklärt. Aber deshalb mache ich es hier. Damit es später nicht im Text stehen muss.
Ich nenne das „den Eisberg schreiben“. Kann ich ein andermal was zu erzählen.

Pferde also. Beziehungsweise keine Pferde. Sondern Roboterarme.

Mag jetzt kleinkariert klingen. Bisschen seltsam vielleicht sogar. Aber das ist es, was für mich Schreiben so spannend macht. Ich bin gezwungen, über Sprache, über uns, auf einem ganz fundamentalen Level nachzudenken. Auch das Rad unnötig neu zu erfinden. In ein bisschen eckiger, und in nicht ganz so nützlich. Aber, so glaube ich, es macht einen Text lebendiger, wenn man ihm anmerkt, dass er in seiner Welt nicht nur inhaltlich, sondern eben auch sprachlich verankert ist. Daraus zieht und sie erzählt. Eben ‚echt‘ wirkt.
Obwohl´s komplett ausgedacht ist.

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