06 Aug Ich
Ich
Das ist von Natur aus fast immer das erste Wort in meinen Texten. Bis ich es dann fast zwanghaft aus meinem Kosmos streiche. Das Ich. Man soll ja davon schreiben, was man kennt – und jetzt gerade, in dem Moment, in dem dieser in seiner Banalität fast schon wieder einzigartige Gedanke vollends aufblüht – da muss ich ein wenig Lächeln ob der Frage, die er zwangsläufig nach sich zieht. Wenn man davon schreiben soll, was man kennt – weshalb zum Teufel schreibe ich dann über fucking MICH?
Zuspitzung, geschenkt. Aber mir schien es dennoch Anlass genug, das mal zu hinterfragen, dieses ICH am Anfang jeden Textes. Ob es nun buchstäblich dort steht oder nicht – am Anfang steht es eben doch immer wieder, viel zu häufig. Ich. Und nicht „Die Anderen“.
Die Anderen.
Andere.
Was für ein Anfang.
Andere ruhen sich heute aus. Andere wissen nicht genau, wann sie sich zum letzten mal ausgeruht haben, so richtig ausgeruht. Nicht nur ’nichts gemacht‘. Ausgeruht. Andere waren letztens im Urlaub und haben die Berge gesehen. Den Anderen hat das erschreckend gut gefallen, obwohl sie da, wenn sie mal ehrlich zu sich wären, immer ein bisschen von oben drauf herab geblickt haben. Auf die Berge. Was ja schon wieder ein ganz furchtbar arg witziges Sprachbild ist, in seiner eigenen Unzulänglichkeit. Es offenbart eine gewisse Überhöhung in seiner fast konstruiert wirkenden Widersprüchlichkeit. Auf die FUCKING BERGE herabzublicken. Aus dem Ruhrgebiet. Oder woher auch immer diese ANDEREN nun kommen mögen.
Es tut gut, mit diesen Anderen ins Gericht zu gehen. Man ist anderen gegenüber ja viel kritischer als sich selbst. Zumindest in den entscheidenden Punkten. Zumindest sind die anderen den anderen gegenüber immer viel kritischer. Haben immer gute Ratschläge, die sie selbst nicht befolgen.
Weil sie das nicht so wirklich nötig haben, aber eben nur, weil sie sich selbst SO gut kennen, diese Anderen.
Schlimm sind sie.
Aber vielleicht haben sie beim verfassen dieses Textes ja etwas über sich gelernt.
Vielleicht haben andere Andere ja beim Lesen dieses Textes auch etwas gelernt.
Nur ICH, ich habe mal wieder nichts gelernt. Aber das ist okay. Ich weiß ja schon alles über mich. Deshalb kann ich so wahnsinnig gut über mich selbst schreiben.
Ich kenn mich ja.
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